Etwa 80 bis 100 Patienten pro Jahr werden nach Amputationen in der Moritz Klinik versorgt. Ihre Teilnahme am sozialen Leben und die Rückkehr in das berufliche Umfeld werden maßgeblich durch eine individuell angefertigte Prothese ermöglicht und gefördert. Bei der Entwicklung von Prothesenpassteilen liegt ein besonderes Augenmerk auf der Herstellung elektronisch gesteuerter Prothesenpassteile, wie zum Beispiel Ellenbogen und Schultergelenke, Hand-Prothetik sowie Kniegelenke. Ottobock, ein internationales Unternehmen mit Sitz in Duderstadt und führend im Bereich der Orthopädietechnik, hat das Netzwerk „Mobil nach Amputation“ ins Leben gerufen, in dem die Moritz Klinik sich mit ihrem orthopädischen Chefarzt, Dr. Hans Ziegenthaler, aktiv seit 01. Mai 2022 einbringt.
Das Netzwerk Mobil nach Amputationen bietet allen an der prothetischen und rehabilitativen Versorgung Involvierten eine Plattform, die einen Austausch auf Augenhöhe ermöglicht. Dazu gehören 13 Kliniken, 7 Therapieeinrichtungen, Sanitätshäuser und Industrievertreter, aber auch Vertreter aus Forschungsbereichen, die sich mit Fragen rund um das Thema Amputation beschäftigen. Mit dabei sind aber auch Amputationspatienten, die sogenannten „Peers“. Diese beraten Betroffene in der Anfangsphase, wie sie mit der neuen Situation umgehen können und klären über Versorgungsabläufe und Rehabilitationsmöglichkeiten auf.
Experten und Betroffene im Austausch
Auf der Fachebene tauschen sich Orthopädietechniker und Ärzte sowie alle in der Reha involvierten Fachkräfte zu Abläufen, Standards und aktuellen Aspekten der prothetischen Versorgung aus. In den jährlich stattfindenden Präsenzveranstaltungen geht es darum, wie den Patienten Angst genommen und Perspektiven aufgezeigt werden können. Auf Basis wissenschaftlicher Referate und Berichte aus dem chirurgischen, orthopädietechnischen und rehabilitativen Alltag werden Wege gesucht, um Probleme in der Versorgung zu erkennen und nach Lösungen zu suchen. Natürlich kommen dabei auch Betroffenenvertreter zu Wort. „Die Arbeit in einem Spezialisten-Team aus Krankengymnasten, Sporttherapeuten, Gehschulexperten, Ergotherapeuten, Sozialarbeitern, Psychologen und Pflegenden, die alle über reichhaltige Erfahrungen verfügen, ist enorm hilfreich, um Wissen zu generieren und Erfahrungen weitergeben zu können“, beschreibt Ziegenthaler den Nutzen des Netzwerks.
Weichensteller für die Reha
Dr. Hans Ziegenthaler, Chefarzt der Orthopädie und des Reha Zentrums für Brandverletzte in der Moritz Klinik, vertritt in dem Netzwerk den Part der Rehabilitationsmedizin. „Ich sehe mich als Weichensteller für die postakute Rehabilitation, die Überwachung der Prothesenversorgung und das Erlernen des Handlings mit diesen hilfreichen und hochspezialisierten Produkten der Orthopädietechnik“, so Ziegenthaler. Es gehe aber auch ganz konkret um die Vorbereitung der Rückkehr in das häusliche Umfeld und die Beurteilung des Hilfsmittelbedarfs. Um eine unmittelbare und fachgerechte Versorgung der Amputierten sicherstellen basiert das Rehabilitationskonzept der Moritz Klinik auf der S2k-Leitlinie zur Rehabilitation nach Majoramputationen an der unteren Extremität (AWMF-Reg. Nr. 033/044) und erfüllt alle 6 Qualitätspunkte, die von Netzwerkpartnern zu erbringen sind.
Dr. Hans Ziegenthaler, der die Chefarztposition der Orthopädie in der Moritz Klinik im Januar 2022 übernommen hat, kann dabei auf seine Zusammenarbeit mit Priv.-Doz. Dr. med. habil. Dr. Lutz Brückner zurückgreifen. Der Experte, der sich inzwischen im Ruhestand befindet, ist Co-Autor etlicher wichtiger Bücher zum Thema Amputationen und war von 1993 bis 2010 Chefarzt der orthopädischen Abteilung in der Moritz Klinik. Im Alter von 72 Jahren wurde Prof. Brückner für sein Lebenswerk mit der Goldenen Heine-Hessing-Medaille ausgezeichnet – das ist die höchste Auszeichnung des Bundesinnungsverbandes für Orthopädietechnik Deutschlands und wird höchstens alle zwei Jahre an insgesamt nur 15 Ärzte verliehen. Anfang 2000 führte Brückner die Schwerbrandverletzten – Rehabilitation in der Moritz Klinik ein; schon damals war Dr. Hans Ziegenthaler dabei. „Ich profitiere von den fast dreißig Jahren intensiver Zusammenarbeit mit unserem Senior Consultant, und seinem reichhaltigen Wissen über Amputationsstümpfe, Schäfte und Prothesentechnik“, beschreibt Ziegenthaler die ihm damit zur Verfügung stehende Expertise.
Auf dem Portal Mobil nach Amputation finden Betroffene unter anderem Reha-Kliniken in Wohnortnähe.